Fürsorgerische Unterbringung
Die fürsorgerische Unterbringung (FU) ist die intensivste Massnahme des Erwachsenenschutzrechtes. Sie darf erst angewendet werden, wenn mildere Massnahmen ausscheiden. Als freiheitsberaubende Zwangsmassnahme greift sie massiv in die Persönlichkeitsrechte und die Selbstbestimmung einer betroffenen Person ein.
Anordnung einer FU
Die Voraussetzungen für die Anordnung der FU sowie der medizinischen Zwangsbehandlungen sind in Art. 426 ff. ZGB umschrieben.
Eine Person darf wegen
- psychischer Erkrankung oder
- geistiger Behinderung oder
- schwerer Verwahrlosung
in eine psychiatrische Klinik oder eine andere Einrichtung untergebracht werden. Dies wenn die nötige Behandlung oder Betreuung nicht anders erfolgen kann. Dabei muss zwingend eine akute Selbstgefährdung vorliegen. Die fürsorgerische Unterbringung wird immer gegen den Willen der betroffenen Person angeordnet.
Eine FU verfügen kann:
- die Erwachsenenschutzbehörde
- ein Arzt oder eine Ärztin
In der Praxis weitaus häufiger sind die Einweisungen durch einen Arzt oder eine Ärztin.
Recht auf Vertrauensperson
Jede zwangseingewiesene Person hat während des Klinikaufenthaltes das Recht, eine Vertrauensperson beizuziehen, die sie unterstützt. Im Kanton Zürich hat Pro Mente Sana das Pilotprojekt «Vertrauensperson» in Zusammenarbeit mit vier psychiatrischen Kliniken durchgeführt. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.
Beschwerde gegen eine FU
Das FU-Verfahren wird primär im kantonalen Recht geregelt. Das heisst, es ist von Kanton zu Kanton verschieden. Es gelten aber in jedem Kanton die gleichen bundesrechtlichen Verfahrensbestimmungen.
Gegen Zwangseinweisungen und auch gegen Zwangsbehandlungen kann Beschwerde erhoben werden.
Fremdgefährdungsprognose reicht nicht für fürsorgerische Unterbringung, Artikel aus Kontext #02 2/2019 (PDF, 1 Seite)
Politische Vorstösse
2022 wurden in der Schweiz über 18'300 Personen gegen ihren Willen in eine psychiatrische Klinik eingewiesen.
Die fürsorgerische Unterbringung ist ultima ratio, das heisst das letzte mögliche Mittel. Trotzdem ist und bleibt die FU-Rate in der Schweiz im europäischen Vergleich seit Jahren hoch.
Es bestehen kantonal grosse Unterschiede. Nicht nur in Bezug zur FU-Rate, sondern auch in Bezug auf die rechtlichen Regelungen zur Umsetzung. Die Kantone legen fest, welche Fachpersonen neben der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB) befugt sind, eine FU anzuordnen. Eine Untersuchung aus Genf ergab, dass eine Beschränkung der Fachpersonen auf psychiatrisch ausgebildete Ärzte zu einer Reduktion der FU-Rate führte. Probleme zeigen sich aufgrund fehlender Routine, Zeitdruck oder weil Alternativen im ambulanten Bereich fehlen. Pro Mente Sana stellt im Positionspapier "Rechtebasierte Umsetzung der fürsorgerischen Unterbringung" verschiedene Forderungen auf, welche die aktuelle Einweisungspraxis qualitativ verbessern würde.
Das Problem ist bei der Politik angekommen. Der Bundesrat hat nach diversen parlamentarischen Vorstössen eine umfassende Evaluation zur FU in Auftrag gegeben. Der Bericht vom 2. August 2022 kommt zum Schluss, dass gesetzgeberischer Anpassungsbedarf besteht. Per Ende 2024 wird ein Bericht des EJPD zu FU bei Minderjährigen erwartet. Im Anschluss entscheidet der Bundesrat über eine allfällige Gesetzesrevision der Bestimmungen zur FU sowohl für Erwachsene als auch für Minderjährige.
Im September 2024 hat Pro Mente Sana im Vernehmlassungsverfahren zur Revision des kantonalen Einführungsgesetzes (Zürich) Forderungen aus dem Positionspapier in ihrer Stellungnahme konkretisiert.

Positionspapier «Rechtebasierte Umsetzung der fürsorgerischen Unterbringungen»
Die Pro Mente Sana fordert eine qualitative Verbesserung der jetzigen Praxis bei der Anordnung fürsorgerischer Unterbringungen sowie eine Reduktion der Anzahl FU-Verfügungen.
Positionspapier (PDF, 19 Seiten)