Stellungnahme zu Richtlinien in der Fortpflanzungsmedizin
05.09.2023
Keine Diskriminierung von Menschen mit einer Behinderung
Gemeinsam mit Inclusion Handicap und insieme Schweiz fordern wir die Überarbeitung bestimmter Richtlinien in der Fortpflanzungsmedizin, sodass Menschen mit einer Beeinträchtigung nicht diskriminiert werden.
Pro Mente Sana hat in der Vernehmlassung der Nationalen Ethikkomission im Bereich der Humanmedizin (NEK) zu den Richtlinien für die Fortpflanzungsmedizin gemeinsam mit Inclusion Handicap und insieme Schweiz Stellung genommen. In der Fortpflanzungsmedizin steht das Wohl des noch nicht gezeugten Kindes in einem potenziellen Spannungsverhältnis zum Recht auf reproduktive Selbstbestimmung. Auch wir sind der Meinung, dass das Kindeswohl im Zentrum stehen soll. Es kann jedoch eine Diskriminierung bedeuten, wenn einer Person mit Behinderung der Zugang zur Fortpflanzungsmedizin mit dem Argument, das Kindeswohl sei voraussichtlich nicht gewährleistet, verweigert wird.
Meist kann eine Person mit Behinderung zusammen mit dem andern Elternteil sehr wohl Gewähr für das Kindeswohl bieten, wenn ihnen bestimmte Unterstützungsangebote zur Verfügung stehen. Solche Unterstützungsangebote, wie etwa die persönliche Assistenz und unterstützte Elternschaft, sollten gemäss UN-Behindertenrechtskonvention (BRK) durch den Staat gewährleistet werden, sind in der Schweiz jedoch vielerorts noch inexistent oder ungenügend ausgebaut. Wir fordern, die Richtlinien unter Berücksichtigung dieser Tatsache umzuformulieren.
Des Weiteren regen wir folgende Anpassungen an:
- Eine klare Unterscheidung zwischen Gesundheitszustand und Behinderung sowie zwischen Pflege- und Unterstützungsbedarf.
- Die Präzisierung der Terminologie «elterliche Sorge»: Massgebend soll in jedem Fall die Erziehungsfähigkeit sein. Dies sollte auch so benennt werden, um eine Verwechslung mit den Voraussetzungen für das Sorgerecht zu verhindern.
- Die Empfehlung, bei psychischer Erkrankung eine Fachärztin oder einen Facharzt beizuziehen umzuformulieren: Die Notwendigkeit, eine Fachperson für die Beurteilung beizuziehen, ist nicht zwingend gegeben, wenn eine Person mit Kinderwunsch einmal in der Vergangenheit oder auch aktuell an einer psychischen Krankheit litt bzw. leidet. Viele psychische Erkrankungen stellen für sich allein die Erziehungsfähigkeit nicht in Frage.
- Die Regelung bezüglich Altersgrenzen in der Fortpflanzungsmedizin soll schweizweit einheitlich sein. Dies verhindert eine Diskriminierung aufgrund des Alters.
Konkrete Anregungen und Formulierungsvorschläge für die Überarbeitung der Richtlinien finden Sie in unserer ausführlichen Stellungnahme (PDF, 5 Seiten).