Artikel aus KONTEXT #07
21.11.2022
Profi im Sport, Erfolg und Karriereabbruch – was macht das mit der Psyche?
Um im Leistungssport Erfolg zu haben, muss man physisch wie auch psychisch sehr stark sein. Dient diese Stärke und der Erfolg aber auch der psychischen Gesundheit der Leistungssportler*innen? Wie geht es diesen Personen? Und was passiert, wenn Verletzungen die Sportkarriere ausbremsen?
Beatrice Scalvedi, ehemalige Skirennfahrerin, kennt dies aus eigener Erfahrung, denn ihre Karriere verlief nicht nach ihrem Wunsch. Mehr über ihr Leben erfahren Sie im Artikel aus KONTEXT #07:
An einem sonnigen Tag treffe ich mich mit Beatrice Scalvedi in Bern zu einem Interview im Kornhaus. Die neuen Räumlichkeiten der Stiftung Pro Mente Sana wurden vor Kurzem bezogen und dienen uns heute als Rückzugsort für unser Gespräch. Beatrice macht einen fröhlichen Eindruck auf mich und erzählt unbeschwert von ihrer jetzigen Situation und ihrer Vergangenheit als Spitzensportlerin im Skirennsport. Sie hat einen neuen Weg für sich gefunden und scheint sehr zufrieden zu sein mit ihrem neuen Leben. Das Skifahren vermisse sie nicht mehr so fest wie auch schon. Zurzeit studiert sie Psychologie im Master an der Universität in Bern und kann sich vorstellen, danach verschiedene Richtungen einzuschlagen – vielleicht im Gebiet Kinder und Jugendliche tätig zu sein oder im Bereich ihrer ersten grossen Passion – dem Sport.
Die Leidenschaft für den Skisport entdeckte Beatrice bereits in jungen Jahren. In Ghirone, einem 30-Seelen-Dorf im Kanton Tessin, machte sie ihre ersten Erfahrungen auf den Skiern. Ihr Vater war ein grosser Fan des Skisports und gab den Kindern seine Leidenschaft mit auf den Weg. Die Scalvedis verbrachten viele Nachmittage und Tage im nahegelegenen Skigebiet, und das Talent der jungen Skifahrerin wurde bereits in den ersten Rennen sichtbar. In der Sekundarschule wurde Beatrice als eines der jüngsten Mitglieder in den Tessiner Skiverband aufgenommen. Nach der Sekundarschule entschied sie sich für den ersten Schritt in Richtung Leistungssport und ging ans Sportgymnasium in Davos. Auf die Frage, ob es ihr nicht schwergefallen sei, so früh von zu Hause wegzugehen, antwortete sie: «Am Anfang, mit 15, 16, war es sehr schwierig. Ich habe zu Beginn nur geweint. Ich verstand die Sprache nicht, aber in der Schule erhielt ich grosse Unterstützung.» Es sei klar gewesen, dass es am Anfang schwierig sein würde, doch sie entschied sich bewusst für das deutschsprachige Davos, anstatt nach Brig zu gehen, wo es bezüglich Sprache vielleicht ein bisschen einfacher gewesen wäre. Es liegt in ihrem Charakter, ständig nach Herausforderungen zu suchen – wahrscheinlich einer der Hauptgründe, dass sie überhaupt im Leistungssport gelandet ist. Die sprachlichen Barrieren, der Abstand zur Familie und die kulturellen Unterschiede hielten sie jedenfalls nicht davon ab, sich weiterzuentwickeln und erfolgreich zu werden.
Gesamter Artikel lesen (PDF, 4 Seiten)
Peer-Gruppe für den Leistungssport
Beatrice Scalvedi, ehemalige Skirennfahrerin, plant ein Pilotprojekt für ehemalige Spitzensportler*innen, in dem gemeinsame Erfahrungen ausgetauscht werden.
Dabei sollen folgende Themen zur Sprache kommen:
- Welche Erfahrungen hast du im Spitzensport mit psychischen Belastungen gemacht?
- Wie wurdest du begleitet und unterstützt?
- Was hat dir gefehlt?
- Wie war die Unterstützung deines Verbandes/ deines Vereins?
- Welche Verbesserungsvorschläge hast du, die die Sensibilisierung in den Verbänden verbessern könnten?
Bei Interesse und für Anmeldung zur Peer-Gruppe für den Leistungssport melden Sie sich bei Marcel Wisler unter wisler@igsbern.ch.
Magazin KONTEXT
Dieser Artikel ist im KONTEXT #07, das Magazin rund um Themen der psychischen Gesundheit, erschienen. Möchten Sie das Magazin gratis erhalten? Werden Sie Mitglied im mental help club!