Stellungnahme
26.01.2023
Fehlende Übergangslösung für Therapeut*innen in Ausbildung
Die Wartezeiten für eine Psychotherapie sind lang, viele Therapeut*innen nehmen gar keine neuen Patient*innen auf. Das seit 1. Juli 2022 geltende Anordnungsmodell gab Grund zur Hoffnung, denn endlich sollten auch Therapien bei selbständigen psychologischen Psychotherapeut*innen von der obligatorischen Grundversicherung gedeckt sein. Weil in den neuen gesetzlichen Bestimmungen eine Übergangslösung für Therapeut*innen in Ausbildung fehlt, stehen seit Anfang Jahr viele Patient*innen plötzlich alleine da.
Therapieabbrüche mit tragischen Folgen
- «Für mich kam die Umsetzung zum schlechtesten möglichen Zeitpunkt. In einer Phase, in der für mich eine möglichst enge Betreuung unerlässlich ist, ist die Psychologin, die mich seit mehr als dreieinhalb Jahren begleitete, plötzlich nicht mehr da!» Feedback eines Klienten von Pro Mente Sana
Der Krankenkassen-Verband Santésuisse und der FSP (Föderation der Schweizer Psychologinnen und Psychologen) konnten sich bislang nicht auf eine Übergangslösung verständigen. Darum bezahlen einige Kassen des Verbandes Santésuisse aktuell eine Therapie nicht, wenn sich der/die Therapeut*in noch in der Weiterbildung zum/zur Psychotherapeut*in befindet. Davon betroffen sind gemäss Artikel im Tagesanzeiger vom 20.12.2023 rund 10`000 Menschen. Diese Uneinigkeit zwischen Santésuisse und der FSP (Föderation der Schweizer Psychologinnen und Psychologen) verschärft einen ohnehin grossen Versorgungsmangel in der Psychotherapie. Dieser Streit wird nicht nur auf dem Buckel der Therapeut*innen, sondern vor allem auf jenem der Patient*innen ausgetragen.
Einer davon ist P.W. Er schreibt uns: «Für mich ist es unbegreiflich, dass Patienten in schwierigen Situationen alleingelassen werden. Für mich kam die Umsetzung zum schlechtesten möglichen Zeitpunkt. In einer Phase, in der für mich eine möglichst enge Betreuung unerlässlich ist, ist die Psychologin, die mich seit mehr als dreieinhalb Jahren begleitete, plötzlich nicht mehr da!» Ebenso stellt er zu Recht fest, dass «durch diese neue Regelung wird die Problematik kurzfristig verdrängt, deren Ausmass ungleich höhere Kosten und nicht absehbare gesellschaftliche Schäden verursachen wird». P.W. ist nicht die einzige betroffene Person, die sich bei uns gemeldet hat.
Pro Mente Sana ruft die Parteien und das BAG auf, rasch eine Lösung zu finden. Die Föderation der Schweizer Psychologinnen und Psychologen FSP hat bei der Aufsichtsbehörde, dem Bundesamt für Gesundheit (BAG), Beschwerde gegen Versicherungen von Santésuisse erhoben. Die FSP hat ausserdem alle Krankenkassen der Santésuisse angefragt, ob sie die Leistungen von Personen in Weiterbildung über die Betreuungsperson vergüten. Die Umfrage zeigt, dass einige Versicherer bezahlen, darunter grosse Krankenkassen wie Visana und Swica.