Artikel aus KONTEXT #07
25.10.2022
Das neue KONTEXT #07 ist da!
In der siebten Ausgabe des KONTEXT widmen wir uns dem Schwerpunktthema «Psychiatrie im Wandel». Es gehört zum Wesen der Psychiatrie, dass sie sich immer wieder hinterfragen, anpassen und weiterentwickeln muss.
Psychiatrie im Wandel
In dieser Kontext-Ausgabe legen wir Wert darauf, die Perspektiven und Erfahrungen von Betroffenen darzustellen. Wir wollen zudem neue Ansätze und Methoden beleuchten sowie Ideen und Wünsche formulieren, wie sich eine zukunftsweisende Psychiatrie entwickeln könnte.
Wir hoffen, mit unseren Beiträgen Debatten auszulösen. Wer sich daran beteiligen möchte, ist herzlich eingeladen, sich einzubringen und uns Ihre Gedanken an kontakt@promentesana.ch zu senden. Wir freuen uns über Ihre Beiträge!
Um Ihnen einen Geschmack auf die aktuelle Ausgabe zu geben, stellen wir Ihnen den Artikel von andrea zwicknagl, Betroffenenvertretung in unserem Stiftungsrat, als exklusive Vorschau zur Verfügung. Ein Erfahrungsbericht aus der Mobilen Krisenbegleitung. Gegen die Zwangsdeutung und die Vermessung von psychisch Kranken. Das Plädoyer einer Psychiatrieerfahrenen für den Offenen Dialog und eine differenziertere Psychiatrie.
Freiheit und Unversehrtheit: Vom berechtigten Erwarten
Ein Erfahrungsbericht aus der Mobilen Krisenbegleitung. Gegen die Zwangsdeutung und die Vermessung von psychisch Kranken. Das Plädoyer einer Psychiatrieerfahrenen für den Offenen Dialog und eine differenziertere Psychiatrie.
Von andrea zwicknagl*
Meine eigene Psychiatriegeschichte beginnt vor fast zwanzig Jahren. Auf der Patient*innenseite! Mein Geist ist in der Lage, in schwierigen Situationen Lösungen in anderen Realitäten zu suchen. Die Psychiatrie nennt es Schizophrenie. Zehn Jahre nach dem Kontakt mit der Psychiatrie bin in ich auf die Peer-Ausbildung gestossen. Beruflich arbeite ich heute in Interlaken im Offenen Dialog mit Menschen und ihrem Netzwerk und seit März zusammen mit Christian Burr in der Moderation der Stimmenhörgruppe der Universitären Psychiatrischen Dienste Bern (UPD) in Bern. Beides in der Psychiatrie. Beides, wie meine ehemalige Mitbewohnerin sagen würde, randständig! Am Rande des klassischen Systems.
Patientin zu sein – mehr oder weniger freiwillig – war nicht immer einfach, und es wird sich in dem, was ich hier schreibe, eine eher kritische Haltung gegenüber der institutionalisierten «Hilfe» für sogenannt psychisch Kranke finden. Ich weiss, schon da gehen die Wahrnehmungen auseinander. Der einen Unterdrückung ist der anderen Befreiung und umgekehrt! Ich bin mir bewusst, dass es auch Menschen gibt, die sagen, mit der Diagnose hätten Freiheit und Unversehrtheit erst angefangen. Endlich hatte das Er-lebte einen Namen. Endlich musste ich mich nicht mehr rechtfertigen dafür, wie ich bin. Denn das war ja nicht ich, sondern meine Krankheit.
Das «wir» ist problematisch im uns vorgelegten Feld. Es macht die nicht Enthaltenen zu anderen. Es wird sich trotzdem zeigen im folgenden Text. Ich konnte mich nicht ganz enthalten oder es je sauber definieren. Es sind verschiedene «wir», sie umfassen nicht immer die gleiche Gruppe. Es mäandert. Wir, die Verrückten, wir, die Psychiatrieerfahrenen, wir, die wir Menschen begleiten, wir als Gesellschaft. Vielleicht wäre es irgendwann eine eigene Analyse wert: Vom «wir» auf dem Weg in eine erwartungsvolle Zukunft. Aber für jetzt möchte ich Sie als Lesende mitnehmen auf eine kurze Reise in meine Welt.
Weiterlesen (PDF, 8 Seiten)
*Aufgrund ihres Genderverständnisses schreibt die Autorin ihren Namen in Kleinbuchstaben.
Magazin KONTEXT
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