WHO Guidance

13.01.2025

Leitlinien für eine gemeindenahe psychiatrische Versorgung

Die WHO-Leitlinien zur gemeindenahen psychiatrischen Versorgung fordert weltweit einen Wandel: Es braucht psychiatrische Dienste, die Zwangsmassnahmen ablehnen und Menschen dabei unterstützen, selbst über ihre Behandlung und Pflege zu entscheiden. Die Leitlinien zeigen Wege auf, wie psychiatrische Dienste den Bedürfnissen und Rechten von Menschen mit psychischen Belastungen gerecht werden können, und bieten eine Vision für eine menschliche und inklusive Versorgung weltweit.

Pro Mente Sana hat dieses Jahr eine Teilübersetzung der "WHO Guidance on community mental health services 2021" publiziert. Die Finanzierung für diese Übersetzung wurde durch das Bundesamt für Gesundheit (BAG) bereitgestellt. Folgende Hauptpunkte werden in dieser Teilübersetzung thematisiert:

  • Menschenrechtsorientierte Versorgung fördern
    Die WHO fordert eine Reform psychiatrischer Dienste, welche die Rechte der Betroffenen respektiert und Zwangsmassnahmen wie Zwangseinweisungen (in der Schweiz fürsorgerische Unterbringungen) oder Zwangsbehandlungen vermeidet. Stattdessen wird ein personenzentrierter Ansatz empfohlen, der die Würde und Autonomie der Betroffenen stärkt und sie aktiv in die Behandlung einbezieht.
  • Gemeindenahe Versorgung stärken
    Um Betroffene besser in die Gesellschaft zu integrieren, sollen psychiatrische Angebote vermehrt auf lokaler Ebene verankert werden. Dies reduziert die Notwendigkeit stationärer Einweisungen und ermöglicht den Zugang zu Bildung, Arbeit und sozialen Diensten – zentrale Elemente für ein selbstbestimmtes und erfülltes Leben.
  • Recovery-Ansatz als Kern der Versorgung
    Der Recovery-Ansatz geht über die reine Symptomlinderung hinaus: Er unterstützt Betroffene dabei, ein Leben nach ihren Vorstellungen zu führen. Im Fokus stehen die individuellen Bedürfnisse und die Stärkung der Lebensbereiche wie Beziehungen, persönliche Interessen und gesellschaftliche Teilhabe.
  • Praxisnahe Good-Practice-Beispiele
    Die Leitlinien enthalten internationale Modelle guter Praxis, die ohne Zwang arbeiten und dabei den recovery-orientierten Ansatz konsequent umsetzen. Zu den Beispielen gehören Krisendienste, Peer-Begleitung, betreutes Wohnen und gemeindebasierte Netzwerke, die Menschen in jeder Lebenssituation unterstützen. Es ist auch ein Schweizer Beispiel dabei: Die Soteria Bern, welche seit 1984 einen stationären Krisendienst in der Stadt Bern als Alternative für Menschen mit sogenannten Extremzuständen oder mit der Diagnose Psychose oder Schizophrenie anbietet.
  • Ein Appell an die Politik
    Das Dokument adressiert sich u. a. an politische Entscheidungsträger*innen, um die Bedeutung einer menschenrechtskonformen, gemeindenahen Versorgung in der Psychiatrie zu betonen. Es bietet ihnen klare Handlungsschritte zur Reform psychiatrischer Dienste und zur Sicherstellung menschenrechtsbasierter Standards weltweit.

Eine Vision für die Zukunft

Die WHO-Leitlinien bieten Millionen von Menschen weltweit Hoffnung auf ein Leben in Würde und Autonomie. Die von uns publizierte Teilübersetzung, die vom BAG unterstützt wurde, zeigt die internationale Vision eines umfassenden und integrativen Systems auf. 

Teilübersetzung der WHO Guidance: Leitlinien für eine gemeindenahe psychiatrische Versorgung