Ein Fall aus unserer psychosozialen Beratung
28.10.2024
Burn-out – was kann ich für meine Tochter tun?
Ein besorgter Elternteil beschreibt die wachsenden Anzeichen von Erschöpfung und Rückzug bei der erwachsenen Tochter, die als ehrgeizige Selbstständige zunehmend unter beruflichem Stress zu leiden scheint. Trotz bisher gutem Verhältnis meidet sie zunehmend den Kontakt und zeigt Symptome wie Müdigkeit, Appetitlosigkeit und soziale Isolation, was auf ein drohendes Burn-out hindeuten könnte. Unsere Beratung empfiehlt gezielte Gespräche, psychotherapeutische Abklärung und achtsame Selbstfürsorge – sowohl für die Tochter als auch für die betroffene Familie, die Unterstützung bei spezialisierten Stellen finden kann.
Der Fall
Ich mache mir grosse Sorgen um meine Tochter. Sie ist Mitte 30 und seit einigen Jahren selbstständigerwerbend. Sie ist beruflich sehr engagiert und ehrgeizig. Unser Kontakt war bisher bestens. Doch in den letzten Monaten sagt sie zunehmend ab, angeblich weil sie viel Arbeit hat. Beim letzten Treffen bin ich erschrocken darüber, wie müde, abwesend und abgemagert sie wirkte. Wenn ich sie darauf anspreche, reagiert sie eher abweisend und betont, dass sie halt in einer stressigen Phase sei und deswegen schlecht schlafe. Ihr Partner teilte mir mit, dass sie zu Hause kaum mehr etwas mache, weil sie so müde sei. Darunter leide die Partnerschaft. Was kann ich tun?
Einschätzung unserer Beratung
Die Tochter scheint in einer anhaltenden Stresssituation ohne Aussicht auf Entlastung zu stecken, die das Risiko eines Burn-outs in sich birgt. Dieser Erschöpfungszustand ist gekennzeichnet durch:
- chronische Müdigkeit, die auch nach Erholung nicht verschwindet
- Schlafstörungen
- Appetitlosigkeit
- Konzentrationsstörungen und Entscheidungsunfähigkeit
- Gefühle von innerer Leere oder Unruhe, Sinnlosigkeit, Gereiztheit sowie Abstumpfung
Die Konsequenz ist häufig ein sozialer Rückzug. Belastungsfaktoren sind sowohl in der Arbeitssituation zu suchen wie auch bei Persönlichkeitsmerkmalen. Ein Burn-out entwickelt sich oft über Monate oder Jahre. Besonders gefährdet sind pflichtbewusste und perfektionistisch veranlagte Menschen. Sie empfinden sich als aktiv, zupackend, dynamisch und erhalten für ihre Leistungsbereitschaft oft Anerkennung. Aus Angst, als „Versagerin“ oder „Schwächling“ zu gelten, ignorieren betroffene Menschen lange die Signale von Körper und Seele. Deshalb machen sie weiter bis zum totalen Ausbrennen, das sich in einem körperlichen Zusammenbruch äussern kann.
Empfehlung unserer Beratung
Es kann hilfreich sein, die Tochter konkret auf diese Symptome anzusprechen und dabei die Beobachtungen zu äussern, allenfalls gemeinsam mit dem Lebenspartner. Hinweise auf Selbsttests im Internet (z. B. https://www.clienia.ch/de/selb... oder auch https://www.wie-gehts-dir.ch/s...) könnten das Interesse wecken, sich näher zu informieren.
Auch fundiertes Informationsmaterial kann hilfreich sein, um die Situation besser einordnen zu können. Hier gibt es vertiefte Informationen zum Thema Burn-out:
- Auf unserer Seite zum Thema Burn-out finden sich vertiefte und weiterführende Informationen.
- Das Institut für Arbeitsmedizin bietet ein ausführliches Dokument zum Thema Burn-out
- Auf der Seite des Staatssekretariats für Wirtschaft ist ein kürzeres Dokument verfügbar, das Burn-out gut erklärt.
Achtsamkeitstechniken unterstützen den Umgang mit Stress, und es kann für die Tochter sinnvoll sein, ihre Arbeitsweise und Ambitionen in einem Coaching oder einer Therapie zu reflektieren. Wichtig ist dabei eine Abklärung über eine psychotherapeutische Behandlung beim Hausarzt oder der Hausärztin. Diese Behandlung kann sowohl ambulant als auch stationär erfolgen. Für Selbstständige ist es ratsam, sich zusätzlich über finanzielle Überbrückungsmöglichkeiten einer unbezahlten Auszeit zu informieren.
Schliesslich gilt es, als Angehörige auf die eigenen Ressourcen zu achten. Es ist wichtig, sich etwas Gutes zu tun oder sich selbst Unterstützung zu holen. Unser Beratungsangebot richtet sich auch an Angehörige. Zudem unterstützt der Verein Stand by You Angehörige und Vertraute von Menschen mit psychischen Erkrankungen.